Das Ende einer Ära – Das TZO schließt endgültig seine Türen

 

Das Ende einer Ära – Das TZO schließt endgültig seine Türen

Technologiezentrum in Rheinbreitbach versammelt zum letzten Mal seine Gesellschafter

Zum letzten Mal kamen die Gesellschafter und der Aufsichtsrat des Technologiezentrums in Rheinbreitbach zusammen, um den finalen und unterjährigen Jahresabschluss zu beschließen. Damit ist aus Sicht der öffentlichen Gesellschafter auch die Geschichte des TZO zu Ende geschrieben. Und zwar eine sehr erfolgreiche Geschichte.

Nach Durchsicht der schon fast historischen Akten, die bei der Wirtschaftsförderung lagern, lässt sich folgender Werdegang rekonstruieren. Das Zentrum wurde Mitte der 1990’er Jahre gegründet, präzise gesagt finden sich erste Gesprächsnotizen zum Thema mit Datum vom 23. Februar 1995. Es folgen immer umfangreicher werdende Gesprächsprotokolle und offizieller werdende Briefe und postalische Einschreiben, bis dann schlussendlich am 20. November 1996 das Technologiezentrum für Oberflächentechnik Rheinbreitbach (TZO) gegründet wurde. Die Historizität der Akten lässt sich auch dadurch belegen, dass einige der durchaus reichlich hin und her gesendeten Schreiben tatsächlich mit dem schönen Zusatz: „Nach Diktat verreist“ unterschrieben sind. Nahezu dreißig Jahre sind eben eine lange Zeit.

Aber zurück zu der Entstehungsgeschichte. Das TZO wurde ermöglicht durch die damals laufenden Verhandlungen der Region Bonn mit dem Bund zum Ausgleich für den vollzogenen Hauptstadtwechsel nach Berlin. So war denn auch der Bund mit 55% der Hauptinvestor. Das Land Rheinland-Pfalz steuerte 25% zu und die Gesellschafter die restlichen 20%. Früh zeichnete sich ab, dass ein technologischer Schwerpunkt für ein Technologiezentrum gefunden werden musste. Und daraus ergab sich die sehr fruchtbare Zusammenarbeit mit der Universität Kaiserslautern, genauer mit dem Institut für Dünnschichttechnologie. Im Laufe der vielen Jahre wurden mit der Expertise aus Kaiserslautern Beschichtungsapparaturen angekauft und im TZO platziert. Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für verbesserte dünne Schichten wurden zahlreiche durchgeführt. So sind die dünnen Schichten, die das TZO zum Beispiel auf Werkzeuge applizieren konnte deutlich widerstandsfähiger gegen Abrasion als das Werkzeugmaterial an sich. Und so kamen im Laufe der Zeit unter anderem in kleiner Serie hergestellte Bohrer für handelsübliche Bohrmaschinen in Umlauf, die mit einem äußerst dekorativen goldenen Überzug versehen waren. Und diese Bohrer sind tatsächlich extrem widerstandsfähig und langlebig. Das Goldfarbene war natürlich kein Gold, es wäre viel zu weich, sondern wie die Experten es nennen, Titannitrid.
Und während noch einmal im Rückblick erläutert wird, dass diese hoch verschleißfesten Titannitrid-Schichten technologisch inzwischen ein Standardprodukt sind, wird auch schon über die für Spezialisten viel interessanteren funktionalen Schichten resümiert. Hier versuchte sich das TZO zum Beispiel an leitfähigen Keramikbeschichtungen. Und besonders erfolgreich waren übrigens ausgerechnet für Dünnschichttechnologen ungewöhnlich dicke Schichten, und zwar hochreine Mehrlagen-Metall-Schichten, die noch eigesetzte werden und als Spezialschichten für Röntgendetektoren sogar zum Mars fliegen. Normale Verschleißschutzschichten, wie die bereits erwähnten Titannitrid-Schichten, haben typischerweise Schichtdicken von 3-5µm, die hochreinen Mehrlagen-Metall-Schichten hingegen weisen Dicken von ca. 120µm auf. Ein Stück Hochtechnologie aus dem Landkreis Neuwied.

Doch das TZO war aber nicht nur Technologie - sondern auch Gründerzentrum. Während des aktiven Geschäftsbetriebs konnten so 45 verschiedene Mieter im TZO begrüßt und zumeist auch wieder verabschiedet werden. Und genau so sollte es sein. „Denn ein Gründerzentrum ist immer nur eine erste Adresse, ein Inkubator für die weitere Entwicklung“, wie Landrat Achim Hallerbach zu berichten weiß. Es ist gewollt, dass Gründer nach erfolgreichem Start und erstem Wachstum auch wieder aus dem Gründerzentrum ausziehen, Platz machen für neue Gründer und die Unternehmensvielfalt der Region bereichern. So finden sich auch heute noch sehr erfolgreiche Unternehmen, die einmal im TZO ihre ersten Schritte taten, im ganzen Landkreis Neuwied. Und auch nicht zu unterschätzen ist, dass so im Laufe der Jahre eine gute dreistellige Anzahl an hochqualifizierten Arbeitsplätzen geschaffen werden konnte.

Doch wie alle Geschichten endet auch dieser Artikel und die Zeit des TZO irgendwann. Als zum Ende der Lebenszeit des TZO die apparative Ausstattung nicht mehr dem Stand der Technik entsprach und der Gründerbetrieb von sehr wenigen, sehr groß gewordenen Mietern dominiert wurde, wurde es Zeit zu handeln. Und so können die Hallen, Räume und Labore heute von dem übernehmenden ortsansässigen Unternehmen für die weitere Firmenentwicklung genutzt werden. Zum Wohle der Firma, aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der ganzen Region.
„Das TZO hat seine Schuldigkeit mehr als getan, jetzt sind andere dran“, schließt Landrat Achim Hallerbach die letzte Sitzung und verabschiedet den langjährigen Geschäftsführer Peter Pesch mit einem besonders schönen Geschenk des Landkreises Neuwied. Peter Pesch hat dann aber doch das letzte Wort und ergänzt: „Es war mir eine Ehre“.

 

Bildunterschrift: Die Gesellschafter verabschieden den langjährigen Geschäftsführer des TZO, Herrn Peter Pesch gebührend. Herr Landrat Achim Hallerbach (2. v.r.) übergibt Herrn Pesch (3. V. r.) ein limitiertes Gemälde mit Ansichten aus dem Landkreis Neuwied. Weitere Gesellschaftervertreter sind: Roland Thelen (1. v.r.), Bürgermeister OG Rheinbreitbach; Dr. Hermann-Josef Richard (2. v.l.), Vorsitzender des Vorstandes der Sparkasse Neuwied und Harald Schmillen (1. v.l.), Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung im Landkreis Neuwied.